Die Tage werden kürzer, die Außentemperatur niedriger, und so langsam wird es jedem bewusst – der Winter steht vor der Tür. Spätestens jetzt sollte sich jeder Autofahrer an die Winterreifenpflicht in Deutschland erinnern und die Sommerreifen gegen Winter-Pneus tauschen. Wer jedoch neue Bereifung benötigt, sieht sich auch mit der Frage konfrontiert, ob breite oder schmale Winterreifen besser sind. Hartnäckig hält sich die landläufige Meinung, dass man auf schmalen Winterreifen besser durchkommt. Aber stimmt diese Aussage aus heutiger Sicht immer noch? Sollten Winterreifen breit oder schmal sein? Wir klären auf!**
Warum auf Winterreifen umrüsten?
Jeder Fahrzeughalter kennt die goldene Faustregel beim Thema Winterreifen, die lautet “von O bis O”. “Von Oktober bis Ostern” sollte man mit Winter-Pneus unterwegs sein, denn gerade in dieser Zeit kann es zu unerwarteten Wintereinbrüchen kommen. Wer dann mit Sommerreifen plötzlich in einen Schneeschauer gerät, hat schlechte Karten und gefährdet nicht nur sich selbst, sondern auch andere Verkehrsteilnehmer. Damit man auch im Winter sicher und noch relativ flott von A nach B kommt, sollte man keineswegs auf Winterbereifung verzichten. Zwar entscheiden sich viele Fahrzeughalter für die bequeme und preiswertere Alternative Ganzjahresreifen, doch kommen diese gerade im Winter nicht an den Grip und die Fahreigenschaften von Winter-Pneus heran.
Insbesondere in schneereichen Regionen können auch Allwetterreifen zum Problem werden. Das Profil von Winterreifen weist nämlich, anders als das der Sommerreifen, zusätzliche Lamellen auf, die eine bessere Verzahnung mit losem Untergrund wie Schnee ermöglichen. Des Weiteren besteht das Profil von Winterreifen aus einer speziellen Gummimischung, die dem Reifen auch in niedrigen Temperaturbereichen von unter 7 °C Flexibilität ermöglicht.
Breit gegen schmal: Winterreifen im Praxistest
Doch Winterreifen sind nicht gleich Winterreifen. Alle Jahre wieder wird das Thema durchgekaut – welche Winter-Pneus sind eigentlich besser, breite oder schmale? Viele Autofahrer orientieren sich an der weit verbreiteten Regel “Je schmaler der Winterreifen, desto besser kommt man durch den Winter”. Doch schauen breite Pneus vor allem auf Alufelgen schick aus, und nicht jeder Fahrer möchte auf diese verzichten. Fakt ist, dass sowohl breite als auch schmale Winterreifen ihre jeweiligen Vorteile im Winter bieten. Die Entscheidung darüber, ob Winterreifen breit oder schmal sein sollten, muss jeder Fahrer ganz individuell und in Abhängigkeit von Witterungsverhältnissen in seiner Wohnregion treffen.
Der Frage, ob Winterreifen breit oder schmal sein sollten, sind auch Experten der Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) gemeinsam mit dem Auto Club Europa (ACE) nachgegangen. Für den Test wurden drei verschiedene Reifengrößen mit gleichem Profil auf Schnee und nasser Fahrbahn getestet. Das Testergebnis widerlegt die weit verbreitete Auffassung: Schmale Winterreifen sind im Winter nicht automatisch besser als breite.
Stärken und Schwächen von breiten und schmalen Winterreifen
Die Lamellendichte, -tiefe, -winkel sowie -anzahl erhöhen den Grip und die Seitenführung des Fahrzeugs. Breite Winterreifen weisen aufgrund größerer Gummifläche eine höhere Anzahl an Lamellen auf, was bei Fahrten auf festgefahrener Schneedecke, aber auch auf trockener Fahrbahn für breite Winterreifen spricht. Doch bei nasser Fahrbahn, Schneematsch sowie im Tiefschnee versagen sie: Es entsteht gefährliches Aquaplaning. Breite Winterreifen rutschen eher auf den gefrorenen Wasserkristallen, als dass sie sich hineinfräsen, wie es wiederum schmale Winterreifen tun. Letztere brillieren daher im Tiefschnee und auf nasser Fahroberfläche. In Tiefschneegebieten fräsen sich die Lamellen tief in den Schnee hinein und sorgen dadurch für einen besseren Grip. Das zeigt auch der aktuelle Test der GTÜ mit den getesteten schmalen Reifen mit 205 mm Breite auf 16-Zoll-Stahlfelgen (205⁄55 R 16).
Schmale Winterreifen kommen wiederum auf trockener Fahrbahn an ihre Grenzen. Diese Schwäche äußert sich insbesondere beim Bremsen: Hier verlängert sich der Bremsweg um gut einen Meter gegenüber normal großen Winterreifen (im Test: 17-Zoll-Aluräder mit 225 mm breiten Reifen, 225⁄50 R 17). Warum ist das so? Bei den meisten Bremsmanövern hat die Reifenaufstandsfläche – also die Reifenfläche, die tatsächlich Kontakt zum Boden hat – den entscheidenden Einfluss auf den Bremsweg und auch auf das Fahrverhalten im Allgemeinen. Bei schmalen Winterreifen muss sich das Fahrzeuggewicht beim Bremsen auf kleinere Gummiflächen verteilen als bei breiten Winterreifen. Dadurch werden die Haftgrenze sowie der Übergang in die Rutschphase schneller erreicht, was wiederum zu einer verzögerten Bremswirkung führt.
Mischbereifung bei sportlicher Fahrweise nur bedingt empfehlenswert
Der von der GTÜ durchgeführte Test verdeutlicht außerdem, dass eine Mischbereifung mit extra breiten Reifen auf der Hinterachse im Winter nur bedingt zu empfehlen ist (im Test: 18-Zoll-Aluräder mit 225 mm breiten Reifen vorn und 255 mm breiten Reifen hinten, 225⁄45 R 18 bzw. 255⁄40 R 18). Die größere Fläche und die vielen Lamellen auf den Hinterreifen sorgen für einen besseren Antrieb auf festgefahrener Schneedecke. Dennoch fehlt es dem Fahrzeug insgesamt an Ausgewogenheit: Vor allem bei ausgeschalteter Fahrdynamikregelung ist das Fahrverhalten des Fahrzeugs, insbesondere bei Kurvenfahrten, weniger berechenbar.
Fazit: Ob Winterreifen breit oder schmal sein müssen, muss jeder Fahrzeughalter für sich entscheiden
Ist man überwiegend in Gegenden mit fester Schneedecke und wenig Regen unterwegs, sind breite Winterreifen zu empfehlen. Wer jedoch öfter in wärmeren Regionen fährt, wo häufiger mit Schneematsch und Nässe zu rechnen ist, sollte besser zu den schmalen Winterreifen greifen. Eine Mischbereifung im Winter ist weniger empfehlenswert. Wer dennoch auch in der kalten Jahreszeit auf die dynamische Optik nicht verzichten will, sollte sich auf ein anspruchsvolleres Fahrzeughandling einstellen.