Irgendwann hält jedes Auto an. Bestenfalls passiert das kontrolliert und sanft, schlimmstenfalls sorgt eine Mauer, ein Baum oder ein anderer Verkehrsteilnehmer für die Bremswirkung. Damit es gar nicht erst so weit kommt, ist die richtige und regelmäßige Wartung der Bremsen wichtig. Dazu gehört auch das Auswechseln der Bremsflüssigkeit. Was genau das ist, und ob du die Prozedur auch daheim durchführen kannst, weiß PKW.de.
Bremsen entlüften: Verstehe, wie die Bremsen funktionieren
Tatsächlich ist die Bremsanlage ein hydraulisches System. Wenn du auf die Bremse trittst, drückt ein Zylinder Bremsflüssigkeit durch die Bremsleitungen. Auf der anderen Seite drückt diese Bremsflüssigkeit einen weiteren Kolben durch einen Zylinder, der wiederum mit den Bremsbacken verbunden ist. Die versuchen dann, die Bremsscheiben festzuhalten. Es entsteht Reibung und Bewegungsenergie wird in Hitze umgewandelt. Das Auto kommt zum Stehen.
Das hydraulische System hat einige entscheidende Vorteile gegenüber einem mechanischen System oder einem Seilzug, wie er in den Bremsen der meisten Fahrräder zum Einsatz kommt: Weniger bewegliche Teile halten den Verschleiß gering und wo Metallteile sich bei großer Hitze oder Kälte verziehen könnten, ist ein Hydrauliksystem größtenteils gegen die Effekte schwankender Temperaturen gefeit. Aber natürlich ist auch dieses System nicht perfekt.
Wer regelmäßig Kriminalfilme ansieht, weiß, dass zum Beispiel eifersüchtige Expartner oder feindliche Assassinen sich gerne mal an den Bremsleitungen ihrer Opfer zu schaffen machen. Das Perfide: Man merkt nicht immer sofort, dass die Bremsflüssigkeit langsam ausläuft, und eine Bremsleitung hat einem Bolzenschneider weniger entgegenzusetzen als zum Beispiel eine Stange. Außerdem kann bei längerer Benutzung Luft in die Bremsanlage gelangen. Bremsflüssigkeit kann nicht komprimiert werden. Darum kommt der Druck, den du auf das Bremspedal ausübst, genauso auf der anderen Seite der Leitung an. Luft allerdings lässt sich hervorragend komprimieren. Darum wirkt bei Weitem nicht der volle Druck auf die Bremsscheiben. Um die Luft aus der Bremsanlage zu befördern, muss diese regelmäßig entlüftet werden.
Eines vorweg: Die Bremsanlage ist wahrscheinlich die wichtigste Sicherheitskomponente deines Autos. Versuche nur, die Bremsen selbst zu entlüften, wenn du dir die Prozedur hundertprozentig zutraust. Teste deine Arbeit nach der Prozedur bei Schrittgeschwindigkeit. Im Zweifelsfall fahre lieber in die Werkstatt.
Wenn du die Bremsen entlüften willst, solltest du gleichzeitig auch die Bremsflüssigkeit austauschen. Du brauchst also neue Bremsflüssigkeit, die für dein Fahrzeug zugelassen sein muss. Ein paar verschiedene Schraubenschlüssel und Schraubenzieher, um die Ventile zu öffnen. Ein Wagenheber, um an die Unterseite des Autos zu kommen. Schutzbrille, Handschuhe und ein sauberer, fusselfreier Lappen runden die improvisierte Werkstatt ab. Ach ja, einen Freund brauchst du auch noch.
Bremsen entlüften: So geht‘s
- Zunächst muss das Auto Rad für Rad aufgebockt werden. Fange bei dem Rad an, das am weitesten vom Bremspedal entfernt ist. Im Falle eines Linkslenkers wäre das das rechte Hinterrad. Hierbei ist es wichtig, dass das Auto stabil auf dem Wagenheber steht und auch dann nicht fällt, wenn du daran rüttelst. Dann montiere das aufgebockte Rad ab. Wie das geht, steht in unserem Artikel zum Reifenwechsel, den du bei der Gelegenheit auch gleich durchführen kannst, wenn es Zeit ist.
- Lokalisiere nun das Entlüftungsventil deiner Bremsen und nehme die Kappe ab. Dann setze den Schlauch möglichst fest auf das Ventil. Die andere Seite hängst du in einen Behälter, der ungefähr zu einem Drittel mit frischer Bremsflüssigkeit gefüllt ist. Das Ende des Schlauches muss in die Bremsflüssigkeit eingetaucht sein. Dann öffne das Reservoir für die Bremsflüssigkeit und fülle es mit frischer Flüssigkeit auf. Diesen Behälter findest du meist unter der Motorhaube. Dann drehe das Ventil auf, an das du eben noch den Schlauch angeschlossen hast.
- Jetzt brauchst du einen Freund. Der setzt sich ans Steuer und pumpt langsam das Bremspedal. Dabei ist es wichtig, dass das Pedal nicht weiter als zu einem Drittel durchgedrückt wird, damit der Druck nicht zu groß wird. Die alte Bremsflüssigkeit wird mit jedem Tritt aufs Bremspedal durch den Schlauch gepumpt und nimmt dabei Luftblasen und Feuchtigkeit mit. Stelle unbedingt sicher, dass der Flüssigkeitsstand im Reservoir nie unter ein Viertel fällt. Sonst zieht man irgendwann Luft ins System und die ganze Prozedur war umsonst. Wenn dann keine Luftblasen mehr aus dem Ablassventil kommen, bist du fertig. Schließe das Ventil, nehme vorsichtig den Schlauch ab und bringe das Rad wieder an der Achse an.
- Die ganze Prozedur wiederholst du jetzt für alle anderen Räder. Dabei näherst du dich mit jedem Rad weiter dem Bremspedal an. Bei einem Linkslenker beginnst du also hinten rechts, dann hinten links, dann vorne rechts und zu guter Letzt vorne links.
Erste Bremsen entlüften, dann vorsichtig testen
Wenn du sorgfältig gearbeitet hast und alle Schrauben und Ventile wieder geschlossen hast, bist du jetzt fertig. Bevor du aber sorglos auf die nächste Autobahn fährst, solltest du unbedingt das Ergebnis deiner Arbeit testen. Trete einige Male auf die Bremse und überprüfe erneut die Ablassventile. Wenn die Bremsen richtig entlüftet sind, sollte sich das Pedal solide anfühlen und nicht zu leicht nachgeben. Außerdem sollte an den Ventilen keine Bremsflüssigkeit austreten.
Fahre mit Schrittgeschwindigkeit los und trete fest auf die Bremse. Funktioniert alles? Wenn ja, steigere langsam die Geschwindigkeit und teste die frisch entlüfteten Bremsen gründlich auf ihre Wirkung. Wenn immer noch keine Bremsflüssigkeit aus den Ventilen austritt, bist du fertig. Alte Bremsflüssigkeit darf auf keinen Fall in den Hausmüll entsorgt werden und darf schon gar nicht ins Wasser gelangen. Autowerkstätten und einige Schrottplätze nehmen die Abfälle entgegen und entsorgen sie fachgerecht.
Du kannst also deine Bremsen selbst entlüften, wenn du weißt, was du tust, und die Risiken kennst. Wenn du dir nicht zu 100 Prozent sicher bist, solltest du die Prozedur aber einem Profi überlassen. Wie auch immer du vorgehst, PKW.de wünscht, wie immer, gute Fahrt.