Wer wann wie zuerst fahren darf, ist eigentlich ganz klar geregelt. An grünen Ampeln, auf Vorfahrtstraßen und beschilderten Kreuzungen darf man fahren, ansonsten gilt die alte Regel rechts vor links. Allerdings gibt es immer wieder besondere Situationen, in denen die Vorfahrt weniger eindeutig geregelt ist. Wie sieht es beispielsweise aus, wenn du den Weg für Rettungsfahrzeuge freimachen musst? Und muss der fließende Verkehr warten, wenn du gerade mit dem Ausparken beschäftigt bist? Die wichtigsten Sonderregelungen zur Vorfahrt haben wir für dich zusammengefasst.
Vorfahrt beim Ausparken: Man wird doch wohl noch ausparken dürfen
Wenn du Dinge sagst wie: „Man wird doch wohl noch…“ oder „Nur weil der Vorfahrt hatte, heißt das noch lange nicht…“, dann gehörst du wahrscheinlich auch zu den Menschen, die glauben, dass sie eigentlich immer Vorfahrt haben. Besonders wenn du aber versuchst, dich in den fließenden Verkehr einzufädeln, ist das noch lange nicht der Fall. An einer Grundstücksausfahrt hat der fließende Verkehr Vorrang. Wenn das bedeutet, dass du eine Minute in der perfekt gepflegten Ausfahrt deiner Einfamilienreihenhaushälfte warten musst, dann ist das ganz einfach so.
Dasselbe gilt für Ausparkmanöver am Straßenrand. Auch hier musst du so lange warten, bis du den Verkehr auf der Straße nicht mehr blockierst oder dich ein gnädiger Verkehrsteilnehmer ausfahren lässt. Auf Parkplätzen, zum Beispiel vor Supermärkten, sieht es allerdings etwas anders aus: Hier gilt zwar meist die StVO, nicht jeder Parkplatz ist aber automatisch auch eine Straße. Hier wird aufeinander Rücksicht genommen und wenn es die Situation erlaubt, sollte man rangierenden Autofahrern den nötigen Platz und die Zeit zum Ausparken geben.
Vorfahrt beim Rettungseinsatz: Was tun, wenn’s hinter einem blau blinkt?
Es sollte keine Überraschung sein, aber manche Fahrten sind wichtiger als andere. Wenn also ein menschliches Herz zur Transplantation quer durch die Stadt gefahren werden muss, ist diese Fahrt wichtiger als der schnelle Sprung zum Supermarkt. Generell gilt: Fahrten, die zur Rettung von Menschenleben oder zur Abwendung schwerer körperlicher Schäden dienen, haben Vorrang vor allen anderen.
Dürfen Krankenwagenfahrer also alles? Fast, aber sie haben auch viel strengere Auflagen als alle anderen Fahrer. Eine Verletzung der Sorgfaltspflicht, also eine Fahrlässigkeit, liegt schon vor, wenn das Martinshorn zu spät eingeschaltet wurde. Wenn du übrigens vor einem Krankenwagen stehst und den Weg frei machen müssen, darfst auch du Dinge tun, die eigentlich verboten sind. Zum Beispiel ist es erlaubt, langsam und vorsichtig (!) über eine rote Ampel zu fahren oder nötigenfalls sogar auf den Gehweg auszuweichen. Oder eben eine Kreuzung überfahren, obwohl du keine Vorfahrt hast. Allerdings gilt in diesem Fall auch für dich eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Ein Moment für extreme Konzentration also.
Übrigens: Wer die Vorfahrt missachtet, kann sogar Punkte in Flensburg dafür kassieren.
Vorfahrtverzicht: Darfst du warten?
Die Vorfahrt ist das heilige Geburtsrecht, ein Schicksal, eine Verpflichtung gegenüber den deutschen Göttern namens Sorgfalt und Ordnung. Sie abzugeben, kommt einem Sakrileg gleich. Nicht jeder verspürt aber den kurzen Anflug selbstzufriedener Überlegenheit, wenn seine Anwesenheit den Fahrer eines teureren Autos zum Warten zwingt. Entgegen der landläufigen Meinung darf man aber die eigene Vorfahrt abgeben, wenn man dadurch keinen anderen Verkehrsteilnehmer behindert oder gar gefährdet. Wenn du also eine ruhige Natur bist und es langsam angehen lässt wollen, ist das im Normalfall dein gutes Recht.