Ein paar Kilometer Schotterpiste. Mehr braucht es nicht, um jährlich mehr als 300 Menschen das Leben zu kosten. Im Herzen Boliviens, zwischen La Paz und Coroico, verläuft eine Schotterpiste, die weithin als die gefährlichste Straße der Welt angesehen wird. Offiziell heißt die Straße Camino a los Yungas, aber die Einheimischen kennen sie unter einem anderen Namen: Camino de la Muerte. Die Straße des Todes.
Roadtrip auf einer bolivianischen Lebensader.
Die Yunga-Straße ist eine der wenigen Verbindungen zwischen der bolivianischen Hauptstadt La Paz und Coroico. Eigentlich wäre das kein Problem, denn der verschlafene Ort im Westen des Landes hat kaum 3000 Einwohner. Allerdings ist Coroico trotz seiner geringen Größe ein Zentrum des Tourismus in der Region. Beeindruckende Landschaften und Regenwald ringsum ziehen seit Jahrzehnten immer mehr Touristen in die Region. Dazu kommt die Notwendigkeit, Trinkwasser auf dem Landweg aus La Paz heranzuschaffen, denn eine funktionierende Kanalisation gibt es in weiten Teilen des Landes immer noch nicht.
So verläuft der typische Roadtrip auf der Yunga-Straße
Die Yunga-Straße wird also nicht nur von Anwohnern, sondern auch von schweren Lastwagen und Touristenbussen befahren. Deren Insassen dürfte beim Anblick der Klippen aber der Atem stocken. An einem wirklich schlechten Tag läuft eine Fahrt von La Paz nach Coroico so ab: Du bist Lastfahrer, dein 50 Jahre alter Laster hat nur noch Anzeichen eines funktionierenden Getriebes, die Reifen sind fast glatt und die Ladung ist viel zu schwer. Ist aber egal, das machen hier alle so. du kaust ein Kokablatt, um dich wach zu halten, und machst dich auf den Weg. Der erste Anstieg geht auf 4.650 Meter, die Luft wird dünn, der Motor deines Lkw wird schwächer, du kannst dich nicht mehr konzentrieren. Ein bisschen Koka hält dich sicherlich wach. Die trockene Luft der Altiplano-Hochebene weicht feuchtem Tropenklima.
Steine, Staub und harte Drogen
Auf der einspurigen Straße gibt es keine Leitplanken. Du fährst auf der linken Seite, um die äußeren Reifen und die 600 Meter tiefe Klippe kurz dahinter besser im Blick zu haben. Zeit für ein bisschen Koka. Dir kommt ein Land Rover voller amerikanischer Touristen entgegen. Der Fahrer wusste nicht, dass auf der Yunga-Straße Linksverkehr herrscht. Kurz vor deinem Kühler kommt der Wagen zum Stehen, der Fahrer ist kreidebleich und hat im Schock Probleme, aus dem Weg zu navigieren. Die wartenden Lkw-Fahrer versuchen, sich an dem Wagen vorbeizuschieben, der aufgewirbelte Staub nimmt nicht nur dir die Sicht. Hinter dir rumpelt es bedrohlich: Ein paar Kilometer zurück hat es einen Steinschlag gegeben. Es war nicht der erste in dieser Woche. Der Rest der Fahrt verläuft vorbei an schier endlos hintereinander aufgereihten Kreuzen. Du markierst die Stellen, an denen weniger aufmerksame Fahrer ihr Ende fanden. Am Kühler eines Lkw oder einen halben Kilometer weiter unten am Fuße des Tals. Nur der Regen löst manchmal eines der Kreuze, dann wird die Straße zu einer glitschigen Schlammpiste, Wasserfälle aus den Bergen und Schlammlawinen ersetzen Staub und Steinschläge. Stunden später kommst du in Coroico an. Mit einem Kokablatt zwischen den Zähnen denkst du bereits an die Rückfahrt über die gefährlichste Straße der Welt.
Ein Roadtrip, der oft tödlich endet
Genaue Zahlen zu Todesopfern auf der Yunga-Straße sind nicht bekannt, aber Schätzungen gehen von 200 bis 350 Todesopfern pro Jahr aus. Und nicht nur die widrigen Bedingungen, sondern auch die viel zu alten und schlecht gepflegten Fahrzeuge der Bolivianer werden für die hohen Opferzahlen verantwortlich gemacht. Der allgegenwärtige und sehr freizügige Umgang mit der Kokapflanze, aus deren Blättern Kokain gewonnen wird, könnte ebenfalls eine wichtige Rolle spielen, aber hiervon wollen weder die Fahrer noch die Regierungsbeamten etwas wissen. Immerhin konnte man 2006 aber eine Modernisierung der Route durchsetzen. Weite Teile der Straße sind jetzt asphaltiert und sogar ein paar Leitplanken hat man der Todesfalle spendiert. Für die gefährlichsten Teile der Straße hat man außerdem eine Alternativroute angelegt. Diese Stellen werden heute kaum noch befahren.
Darf’s noch ein bisschen gefährlicher sein?
Wären da nicht die Bekloppten. Was man mit einem Auto nicht überlebt, ist wohl auf einem Fahrrad extratödlich. Trotzdem stürzen sich immer wieder Menschen auf Mountainbikes die Straße hinunter, die trotzdem noch für den Verkehr geöffnet ist. Über 64 Kilometer geht es fast immer nur bergab. Für manche ist der Trip die Fahrt eines Lebens, aber zumindest uns wäre eine flache, langweilige Landstraße lieber als ein Weg, der das Wort „Muerte“ im Namen trägt.
Das richtige Auto für den falschen Roadtrip
Die Yunga-Route verlangt nicht nur dem Fahrer, sondern auch dem Auto wirklich alles ab. Wir empfehlen, es einfach sein zu lassen, aber wenn du der Meinung bist, dass jeder einmal eine automotive Nahtoderfahrung gemacht haben sollte, dann solltest du für diese Reise ein Fahrzeug nutzen, das wirklich alles aushält. Der Toyota Hilux gilt als eines der robustesten Fahrzeuge aller Zeiten. Top Gear hat es nicht geschafft, einen Hilux zu zerstören, er war das erste Auto am Nordpol und wird in Krisengebieten auf der ganzen Welt für alle möglichen Rollen eingesetzt. Bonuspunkte gibt es für die weite Verfügbarkeit von Ersatzteilen. Aber Achtung: Auch das beste Auto wird einen Fahrfehler auf der Yunga-Straße nicht verkraften.